Vor 320 zahlenden Zuschauern am Badeweiher trafen im Bezirksliga-Derby der VfB Hüls und der FC Marl aufeinander. Und dieses Derby hielt, was es versprochen hatte.
Quelle: Medienhaus Bauer, Joachim Sänger, Bild: Sebastian Schneider
Viel mehr Derby geht nicht. In einem turbulenten Spiel vor 320 Zuschauern trafen am Sonntagnachmittag der VfB Hüls und der FC Marl im Nachholspiel aufeinander. Dabei ging‘s hoch her.
Die beiden Mannschaften trennten sich auf dem Kunstrasen des Evonik-Sportparks mit 4:4 (2:2) getrennt. Zwei Sieger hatte das unentschiedene Bezirksliga-Duell trotzdem: Spitzenreiter TSG Dülmen profitiert von der Punkteteilung der Verfolger – und die Zuschauer wurden gut 95 Minuten mit alldem unterhalten, was der Amateurfußball zu bieten hat.
VfB-Ausgleich fällt in der Nachspielzeit
Am Ende fühlten sich die Hausherren, die bereits das Hinspiel 2:1 gewonnen hatten, wie die Sieger. Sie hatten in der Schlussphase einen Zwei-Tore-Rückstand egalisiert. Bitter für den FC Marl, der in Unterzahl die Begegnung für sich entschieden zu haben schien und dann durch ein Eigentor von Pascal Vasic in der letzten Minute der Nachspielzeit den sicher geglaubten Derbysieg noch abgeben musste.
Bei zwei Roten und einer Gelb-Roten Karte rückte Schiedsrichter Dieter Kroll automatisch in den Blickpunkt. Auch wenn die Gäste, die die Begegnung mit acht Feldspielern beendet hatten, sich vom Unparteiischen benachteiligt fühlten: Ob das Match ohne die Hinausstellungen anders ausgegangen wäre, bleibt Spekulation. Spielentscheidend waren die Feldverweise im Endeffekt nicht.
Beide Mannschaften verzichten aufs Abtasten
Wer nach der Winterpause und der Bedeutung des Spiels mit einem Abtasten gerechnet hatte, wurde eines Besseren belehrt. Schon in der sechsten Minute hatte Paul Wilhelm die erste dicke Chance für den FC Marl. Der Linksfuß scheiterte aber, sodass die Gastgeber den ersten richtigen Akzent setzen konnten.
Der VfB schaltete über links schnell um. Yannick Kayma drang in den Strafraum ein und wurde dort von Patrick Goecke gelegt. Gegen den Elfmeterpfiff gab es kaum Proteste. Die Verwarnung sollte den Marler Abwehrchef noch teuer zu stehen kommen. Dominik Grams erwies sich einmal mehr als sicherer Strafstoßschütze und ließ Ben Zulechner im FC-Kasten keine Abwehrmöglichkeit (16.).
Harte Entscheidung gegen den FC
Das 1:0 tat den Hülsern gut. Kayma konnte sich wieder über links durchsetzen und bediente Goalgetter André Töppler, der aber am gut reagierenden Marler Schlussmann scheiterte. Wie aus dem Nichts dann der Ausgleich: Bei einem weiten Freistoß von Fabian Kudlek aus dem Halbfeld fehlten VfB-Schlussmann Nils Martens einige Zentimeter. Er unterlief den Ball, sodass der am zweiten Pfosten lauernde Wilhelm mühelos zum 1:1 einköpfen konnte (27.).
Drei Minuten später sah VfB-Abwehrmann Brian Kreuz nach einem Foul an Wilhelm die Gelbe Karte – eine Entscheidung, die später noch den Marler Unmut auf sich zog. Doch erst einmal sah der gerade gefoulte Paul Wilhelm die Rote Karte: Nicht einmal 60 Sekunden später wertete der Schiedsrichter eine Attacke des Torschützen gegen VfB-Keeper Martens als Nachtreten und stellte ihn direkt vom Platz. Eine harte Entscheidung (31.)!
Hüls kommt mit zehn gegen zehn besser zurecht
Dann vertändelte Julian Treiber den Ball im eigenen Strafraum. Marls Phil Janicki bekam aber keinen Druck hinter den Ball (34.). Nur eine Minute später schon wieder Alarm: Der Hülser Evgenij Lakstankin schob Niklas Baf weg, der zu Boden ging. Schiedsrichter Kroll zückte auch hier die Rote Karte (35.). Wieder ein hartes Urteil!
Der VfB kam mit der neuen Situation schneller zurecht. Kapitän Grams schickte Kayma auf dem linken Flügel, dessen Flanke den ungedeckten Mannschaftsführer im Strafraum erreichte. Der Routinier vollendete den schönen Angriff mit einer spektakulären Direktabnahme, gegen die Zulechner keine Abwehrchance hatte (37.).
Noch vor der Pause kam der FC Marl ein zweites Mal zurück. Wieder leistete Kudlek mit einer Flanke die Vorarbeit, diesmal köpfte Ahmed Bakare mit einem zehnten Saisontreffer aus zwölf Metern unhaltbar zum 2:2 ein (42.). In der Pause mutmaßten viele Besucher, dass beide Teams nun ihr Pulver verschossen hätten. Irrtum, der Wahnsinn ging weiter!
Die erste Chance hatte der VfB, für den Philipp Jedlicka nach feiner Vorarbeit von Alexander Lakstankin platziert abschloss. Zulechner tauchte unter und bog den Ball noch um den Pfosten (52.). Aus einer harmlosen Aktion entwickelte sich neun Minuten später der nächste Aufreger. Patrick Goecke regte sich lautstark über eine vermeintliche Fehlentscheidung des Hülser Linienrichters auf.
Der Schiedsrichter zückte sofort die Gelbe Karte – grundsätzlich ob der Intensität des Protestes berechtigt, aber dann ging Dieter Kroll auf, dass er den Marler Abwehrmann schon im ersten Durchgang verwarnt hatte. Er blieb bei seiner Entscheidung und zückte auch den roten Karton (61.). Die Gäste fühlten sich benachteiligt, setzten den Ärger aber in positive Energie um.
Louis Sliwa hatte auf dem linken Flügel nach einem schönen Diagonalpass zu viel Raum. Der erfahrene Linksfuß erkannte die Situation und bediente in der Mitte den kurz zuvor eingewechselten Marco Niewiedzial, der aus kurzer Distanz erfolgreich war (63.). Die Marler zogen sich nicht zurück, sondern spielten weiter mutig nach vorne.
Das wurde belohnt: Fatih Coban, der sich im Spielverlauf gesteigert hatte, drang in den Strafraum ein. Sein Schuss wurde von einem Hülser Abwehrbein unhaltbar für Martens abgefälscht (74.). Das Derby schien nach dem 4:2 für den FC gelaufen. Kayma schoss aus Frust den Ball weg und sah eine von insgesamt sechs Gelben Karten. Der Hülser Anhang murrte, weil sich der VfB in sein Schicksal zu fügen schien.
Doch die Gastgeber wachten noch einmal auf. Nach einer Ecke des eingewechselten Co-Trainers Dennis Kündig erzielte Brian Kreuz das 3:4 (86.). Jetzt glaubten die Hausherren wieder an ihre Chance. Sie hatten danach Glück, dass der Unparteiische bei einer Aktion von Kreuz gegen den durchgebrochenen Michael Zoladz Gnade vor Recht walten ließ und die Gelbe Karte wieder in seine Hemdtasche steckte.
Bei drei Wechseln in der Extra-Zeit war es vertretbar, dass Dieter Kroll länger als die angezeigten drei Minuten nachspielen ließ. Und dann passierte das, was aus Sicht der Gäste nicht mehr passierte durfte. Grams wuchtete den Ball aus dem Mittelfeld einfach Richtung FC-Tor. Tohüter Zulechner und Abwehrmann Vasic waren sich nicht einig. Vom Kopf des Verteidigers prallte der Ball zum 4:4 ins leere Tor (90.+4).